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Deutsche fordern Transparenzoffensive des Verteidigungssektors
Um zur Schlüsselindustrie zu werden, muss die Branche eine Kommunikationswende vollziehen
Die sicherheitspolitische Neuausrichtung in Deutschland gehen die Bundesbürger:innen mit – aber sie fordern deutlich mehr Informationen und Teilhabe. 80,9 Prozent wollen wissen, wie die geplanten Investitionen in Sicherheit und Verteidigung verwendet werden. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Kommunikationsberatung Fink & Fuchs AG.
Zwei Drittel (68,7 %) erwarten mehr Informationen, welche Unternehmen am meisten von den öffentlichen Ausgaben profitieren. Das heißt: Die Deutschen sind offen für mehr Verteidigungsausgaben, als Souverän wollen sie aber wissen, was damit passiert und wer profitiert. Damit aus der Nischenbranche Verteidigungsindustrie ein Schlüsselsektor werden kann, sind die Unternehmen gefragt, ein ganz anderes Kommunikationsverhalten zu zeigen. Denn jetzt haben Unternehmen die Möglichkeit, nicht nur wirtschaftlich zu wachsen, sondern auch ihre Rolle als Wirtschaftszweig zu verändern.
Mit den angekündigten Milliardeninvestitionen der Bundesregierung in die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zeichnet sich ein politischer Kurswechsel ab, den auch die Bevölkerung mitträgt: 38,5 Prozent der Deutschen beurteilen Verteidigungsausgaben heute positiver als vor einem Jahr. Doch Zustimmung allein reicht nicht. Die Menschen wollen Einblick in die Entscheidungsprozesse und haben klare Präferenzen: Über 80 Prozent der Befragten befürworten die Beauftragung deutscher (56,4 %) oder europäischer (27,1 %) Anbieter. Nur 2,4 Prozent der Befragten sind damit einverstanden, dass US-Anbieter den Zuschlag für Rüstungsaufträge erhalten.
„Wir erleben einen historischen sicherheitspolitischen Umbruch, der in der Bevölkerung Rückhalt findet. Dieser kann jedoch nur gelingen, wenn er kommunikativ begleitet wird. Jetzt ist der Moment für eine Kommunikationswende insbesondere für Unternehmen der Defense-Tech-Branche“, sagt Alexandra Groß, Vorstand der Fink & Fuchs AG.
Kommunikationsdefizit als Risiko für Rückhalt
Es ist von zentraler Bedeutung, transparent zu veranschaulichen, wie die enormen Investitionen ausgegeben werden. Die Bevölkerung wird die enormen Verteidigungsausgaben langfristig dann mittragen, wenn sie die Notwendigkeit erkennt und den Einsatz der Mittel nachvollziehen kann.
Die Haltung gegenüber Landesverteidigung und Bundeswehr war in den letzten Jahrzehnten traditionell skeptisch. Mit dem Krieg in der Ukraine und der Zeitenwende-Rede 2022 hat eine Veränderung im Denken weiter Teile der Bevölkerung eingesetzt, die durch die zweite Trump-Präsidentschaft verstärkt wird. Diese neue Offenheit muss richtig moderiert werden. Wird der Informationsbedarf jetzt nicht befriedigt, die Bevölkerung in diesen Wandel der deutschen Sicherheitsinfrastruktur nicht einbezogen – dann kann dieser Wandel scheitern und die Skepsis wieder wachsen.
Gleichzeitig trifft dieser Informationsbedarf auf eine Branche, die in der Vergangenheit von der Öffentlichkeit nicht zum Dialog aufgefordert wurde und Kommunikation nur im engen rechtlichen Rahmen gestaltet hat. Eine kontinuierliche Breitenkommunikation fand kaum statt.
Kommunikations-Chancen für einen vertrauensbildenden Dialog
Dieser Informationsbedarf fordert die Defense-Tech-Branche nicht nur – er eröffnet Chancen, die auch direkt auf den Geschäftserfolg einzahlen:
- Transparenz und Vertrauen schaffen: Kontinuierliche, glaubwürdige Kommunikation stärkt das Vertrauen. Das wirkt sich auf die Wahrnehmung des Unternehmens als Akteur in Wirtschaft und Gesellschaft aus.
- Reputation aktiv gestalten: Jetzt kann die Branche die skeptische Haltung gegenüber Rüstungsthemen angehen und positiv beeinflussen durch professionelles Storytelling über den gesellschaftlichen Nutzen und den eigenen Beitrag zur europäischen Sicherheit.
- Technologie erklären: Komplexe Schlüsseltechnologien allgemeinverständlich aufzubereiten – gerade mit Blick auf Dual-Use-Komponenten – erhöht die wahrgenommene Wertigkeit. Es geht darum, herauszuarbeiten, welchen Beitrag Produkte und Technologien leisten und wofür sie zum Einsatz kommen.
- Fachkräfte gewinnen: Kommunikation als attraktiver Arbeitgeber wird zur unternehmenskritischen Aufgabe. Um das neue Auftragsvolumen überhaupt bedienen zu können, benötigen die Unternehmen deutlich höhere Produktionskapazitäten. Um die besten Fachkräfte auch aus anderen Branchen zu gewinnen, ist eine klare Positionierung als attraktiver Arbeitgeber unverzichtbar.
- C-Level-Kommunikation stärken: Mit der steigenden Aufmerksamkeit für die Bedeutung der Branche steigt auch die Erwartungshaltung von Medien und Stakeholdern: Führungskräfte sind gefragt, sich zunehmend zu ihrer Branche, aber auch zu wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Fragen äußern.
Kommunikation als Schlüssel zur Verteidigungssouveränität
Die Sicherheit für Deutschland und Europa muss neu gedacht werden. Alte Gewissheiten gelten nicht mehr. Europa und Deutschland sind gefordert, verteidigungssouverän zu werden. Die Bundesbürger:innen sind offen dafür. Damit daraus echter Rückhalt und nicht wachsende Skepsis entsteht, ist eine neue Qualität der Kommunikation erforderlich. Nur so gelingt es, Populismus, Desinformation und gesellschaftliche Polarisierung wirksam zu begegnen.
Denn: 20 Prozent sagen, dass sie Investitionen in die Verteidigung sogar negativer einschätzen als vor 12 Monaten. Es gibt also einen harten Kern von Skeptikern. Bei allen berechtigten Vorbehalten der Betroffenen liegt hierin auch ein Gefahren-Potenzial, das Populisten und Desinformationsakteure nutzen könnten. Auch um diese Gefahr zu kontrollieren, ist eine Kommunikationswende erforderlich.
„Jetzt ist die Zeit, Vertrauen zu schaffen und Verantwortung zu übernehmen – nicht nur durch politische und wirtschaftliche Maßnahmen, sondern auch durch vertrauensbildende Kommunikation“, sagt Alexandra Groß.

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